Stromverluste durch Abregeln von EEG-Anlagen? 0,7 % unseres Windstroms gingen 2012 verloren – 2019 gar 5 %

 „Ständig sehe ich Windräder, die nicht laufen. Haben wir zu viele? Lohnen neue Windräder gar nicht, so lange wir die Stromleitungen und die Speicher nicht ausgebaut haben? Werden die Anlagen schikanös immer wieder abgeregelt?“. Nein! 

 Vergeudete Energie infolge Einspeisemanagement durch Abregeln von EEG-Anlagen in GWh (Millionen kWh) nach § 14 EEG 2010  2011  2012  2013  2014  2015  2016a  2017  2018  2019 
Solar  2  3  16  66  245  228  184  163  116  178 
Landwindkraft  125  410  359  480  1.221  4.109  3.498  4.461  3.891  5.085 
Seewindkraft  16  32  826  1.356  1.181 
Biomasse  6  9  9  112  364  26  61  36  30 
Summen incl. Biomasse, KWK, Wasser usw.  127  421  385  555  1.581  4.722  3.743  5.518  5.403  6.482 

 Bundesnetzagentur: Berichte zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen a)Rückgang in 2016, da es ein unterdurchschnittliches Windjahr war und eine Hälfte der Thüringer Strombrücke in Betrieb genommen worden ist. 

Im Jahr 2019 wurden von den Windkraftanlagen (WKA) in Deutschland 126,4 TWh (= 126.400 GWh) Strom geliefert. Rund 5 % gingen durch Abregeln infolge Netzdefiziten verloren. Von den PV-Anlagen wurden 46,7 TWh Strom geliefert. Nur wenig wurde abgeregelt. Zum Vergleich: Beim AKW Gundremmingen verliert man auch fast 5 Prozent des erzeugten Stroms (ca. 0,5 TWh) durch Eigenverbrauch für Pumpen etc. 

Allerdings werden in manchen Kreisen Schleswig-Holsteins (SH) 50 % der Windstromproduktion durch Abregeln vergeudet. Summarisch wird in SH fast so viel (vier Fünftel) Windstrom vergeudet wie in Bayern insgesamt erzeugt wird. Aber die erforderliche räumliche Ausbausteuerung wird tor-pediert, sowohl von Teilen der norddeutschen Windbranche wie von der bayerischen Landesregie-rung. Ein ökologisches und ökonomisches Ärgernis! 

Die Abregelungen geschehen überwiegend im Verteilnetz (20 + 110 kV) aber auf Veranlassung des Übertragungsnetzes (380 kV). Denn viele Tage wird in SH mehr Strom erzeugt als verbraucht und kann wegen fehlender Überlandleitungen nicht zu den west- und süddeutschen Verbrauchern transportiert werden. Dort laufen dann Atom-, Gas- und Kohlekraftwerke ungedrosselt weiter. 

Warum stehen denn Windräder still? 

1. Hauptsächlich, wenn zu wenig Wind weht. Bei Windparks sieht man manchmal, dass eini-ge Räder sich drehen und andere stehen. Das ist bei Windstärken um die Anlaufgeschwindigkeit der Fall. Je nach Type laufen die WKA ab einer Windgeschwindigkeit von 3 m/sec (11 km/h) an. Bei schwachem Wind drehen einige Windräder quasi im Leerlauf. Bei einem Windpark natürlich zuerst diejenigen, die vorne im Wind stehen. Später dann die im Windschatten liegenden. Übri-gens: Im Windpark Zöschingen im LK Dillingen, für den auch unsere Bürgerinitiative gestritten hat, wurde im ersten Betriebsjahr an jedem Tag wenigstens etwas Strom ins Netz gespeist. 

2. Störungen oder Kundendienst. Wenn gut Wind weht und dennoch eine WKA steht, sieht man meistens einen großen weißen Lieferwagen unter der Anlage parken: der Kundendienst. Die meisten neuen WKA werden mit Wartungsverträgen verkauft, die eine technische Verfügbarkeit von über 97 % garantieren. Im Zöschinger Windpark lag im ersten Betriebsjahr die technische Verfügbarkeit bei 99 % 

3. In Süddeutschland werden wegen Netzengpässen fast nie WKA abgeregelt 

Solange noch fossile und nukleare Kraftwerke laufen, gibt es im Prinzip keinen Stromüberschuss. Engpässe kann es im Stromnetz geben. Aber kaum innerhalb von Baden-Württemberg und Bay-ern. Jedoch auf den Verbindungen zwischen Nord- und Ostdeutschland einerseits und Süddeutsch-land andrerseits. Im Süden selbst sind erst so wenige Windräder installiert, dass es außer bei Lei-tungsstörungen fast nie zu Netzengpässen kommt. Da können noch viele PV- und Windanlagen ans Netz. Hinzu kommt, dass Solar- und Windräder sich auch bei der Nutzung der Stromleitungen in der Regel gut ergänzen. Bei „gutem“ Wetter erzeugen die PV-Anlagen viel und die WKA wenig Strom. Bei „schlechtem“ Wetter ist es andersherum. 

Angeordnete Abschaltungen: In den letzten Jahren wurden in Bayern einige WKA nur mit der Auf-lage genehmigt, dass diese zum Schutz von Fledermäusen bei unter 6 m/s Wind, über 8 ° C und keinem Regen in einigen Jahresmonaten ab drei Stunden vor Sonnenuntergang bis Sonnenauf-gang abgeschaltet werden müssen. 3 Stunden vor Sonnenuntergang sind naturschutzfachlich kaum begründet. Manche Windräder müssen auch angehalten werden, wenn Wiesen in der Nähe gemäht und dadurch Vögel angelockt werden. Windräder dürfen auch höchstens 30 Stunden im Jahr und 30 Minuten pro Tag Schatten auf ein Wohngebäude werfen, sonst müssen sie stoppen. Zunehmend werden auch Windräder wegen negativer Strompreise abgeregelt. Dies wird weniger werden, wenn die AKW und immer mehr unflexible alte Kohlekraftwerke aus dem Markt ver-schwinden. 

Biogasanlagen können und sollen nachgerüstet und umgestellt werden. Bisher laufen sie 24 Stunden am Tag. Also auch, wenn bereits die PV-Anlagen regional allen Strom liefern. Zukünftig werden sie mit Gasspeichern und mehr Motorkapazität nachgerüstet, so dass sie dann viel Strom produzieren können, wenn die wetterabhängigen Solar-, Wasser- und Windanlagen wenig bringen. Fachleute sagen: Biogasanlagen kommen aus der Grundlast und gehen in die Residuallast (Rest-last). Motto eines Biogasers: Vom 24 Stunden Arbeitstag zu zwei Vierstunden-Schichten. 

Gute Aussichten auf 100 % EE 

Mit überfälligen Verbesserungen beim Energiesparen und der Energieeffizienz sowie schnellem Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE) können wir zügig Atom- und Kohlestrom erübrigen. Heute stammen schon 55 % unseres Nettostromverbrauchs aus EE-Kraftwerken. 

Die zukunftsfähige Stromversorgung baut auf Viererlei auf: 1. Mix aus EE-Kraftwerken, von de-nen viele kostenlosen Treibstoff (Erdwärme, Sonne, Wasser, Wind) nutzen; 2. Lastmanagement (Steuerung flexibler Stromverbraucher wie Kühlhäuser, Luftzerlegungsanlagen, Pumpen, Metall-schmelzen, Futtermühlen …) nach dem Angebot von Strom aus Erneuerbaren Energien; 3. Netz-umbau;4. Speicherausbau (Pumpspeicher-KW, lokale Akkus, power to gas, …). 

Dazu wird unser Stromnetz umgebaut. Bisher ist es auf eine Verteilung des Stroms aus zentralen Großkraftwerken zugeschnitten. Zukünftig muss es den überwiegend auf dem Lande gewinnbaren Strom aus Biomasse, Licht, Wasser und Wind sammeln. Aus den Verteilernetzen werden Sammel- und Verteilnetze. Da diese Stromgewinnung wetterabhängig ist, brauchen wir auch den großräu-migen Verbund. Möglichst mit verlustarmen HGÜ-Leitungen. 

Für den Umbau steht genügend Geld aus den in den Netzentgelten einkalkulierten laufenden Ab-schreibungen zur Verfügung. Auch Investitionskredite sind sinnvoll und günstig. 

Wir können uns in einer Generation annähernd zu 100 Prozent mit EE versorgen. Und das preis-wert! Dann haben wir eine zukunftsfähige Stromversorgung, um die uns die Länder mit den über-großen Folgekosten für den Abriss der Atomanlagen wie die Lagerung des Atommülls beneiden werden. Und sie wird preiswerter sein als die aus den Kraftwerken, die mit den endlichen und deswegen teurer werdenden Stoffen Erdgas, Kohle, Erdöl und Uran arbeiten. Berechnet man die Kosten für Umweltschäden wie Unfallfolgen ein, ist heute schon der Strom aus Sonne und Wind mit Abstand der preiswerteste. Die existenziell bedrohliche Erdaufheizung zwingt uns, jetzt die Energiewende konsequent voranzutreiben. 

 

Hinweis auf Doppelrolle: R. Kamm ist auch Vorsitzender der LEE Bayern
Fehlerhinweise oder Verbesserungsvorschläge bitte an: r.Kamm@anti-akw.de Danke! 

Raimund Kamm 

PDF: Informationen für UmweltschützerInnen Nr 31