Windkraft kann und muss Klima und Wald schützen
Informationen für UmweltschützerInnenNo 2019-3 Erstellt 14.9.2019 / Stand 3.11.2021
Die Erdtemperatur steigt und bedroht in wenigen Jahrzehnten die Existenz der Menschheit in bisher den meisten Mitbürger*innen nicht bewusstem Maße. Schon vorher werden voraussichtlich in Deutschland heutige Wälder durch Trockenheit und Schädlingsbefall großflächig zusammenbrechen.
Im Jahr 2021 erzeugen wir noch 40 % unseres Stroms aus Erdgas, Erdöl und Kohle. In Bayern wächst sogar der Kohlestromverbrauch, da wir keinen Ersatz für den wegfallenden Atomstrom schaffen und immer mehr Kohlestrom einführen.
Bei der Erzeugung einer Kilowattstunde Kohlestrom wird rund 1 Kilogramm Kohlendioxid (CO2) erzeugt. (UBA Mai 2021, Erdgasstrom führt zu weniger CO2 aber zu klimaschädlichem CH4 SZ 30.10.19)
Windkraftanlagen können viel klimaschädigenden Strom ersetzen
Heute bestellbare Windkraftwerke können in unseren bayerischen Leichtwindgebieten dank ihrer hohen Türme und langen Flügel 10 bis 12 und an windstarken Standorten sogar 15 Milli-onen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. Zum Beispiel die: E-160 EP5, N163/5.7, V162-5,6 MW oder die SG 6,2-170 (Erläuterung der Produktnamen: Buchstabe steht für den Hersteller, also E für Enercon, N für Nordex, SG für Siemens Gamesa und V für Vestas. Die große Zahl bezeichnet den Rotordurchmesser. Als letztes folgt – manchmal verklausuliert – die Angabe der Leistung. Beispiel: V162-5,6 MW ist eine Anlage von Vestas mit einem Rotordurchmesser von 162 m und einer Leistung von 5.600 kW – also 5,6 Megawatt. SG 6,2-170 steht für 6,2 Megawatt und 170 m Rotordurchmesser)
Somit kann hier eine moderne Windkraftanlage mit beispielsweise einer Jahreserzeugung von durchschnittlich 11 Mio kWh/a entweder sehr viel Strahlenmüll vermeiden (mit jeder Kilowatt stunde Atomstrom werden heute etwa 32 Millionen Becquerel, also 32 Millionen radioaktive Kernzerfälle je Sekunde, langdauernde Strahlung erzeugt): jährlich 352 Billionen Becquerel. Oder so eine mo-derne WKA erspart uns jährlich rund 11.000 Tonnen CO2 aus der Kohlestromerzeugung.
Wälder binden CO2
Ein Hektar (ha) Wald (10.000 Quadratmeter oder 100m x 100m) bindet je nach Alter, Baumart, Wachstumsbedingungen und Bewirtschaftung etwa 0 – 17 Tonnen CO2 pro Jahr. Quellen: Bay. Staatsforsten, Natur und MDR Aug. 2019. Im Schnitt werden 10 t CO2/ha/a angesetzt.
Nur ein einziges neues Windrad kann in Bayern
so viel CO2 vermeiden, wie ein Wald mit 1.100 Hektar bindet
Wenn Windräder im Wald gebaut werden sollen, muss wie auch im Offenland geprüft werden, ob dies Fledermäuse oder Vögel über deren allgemeines Lebensrisiko hinaus gefährdet. Dazu müssen Abstände von Nestern und häufigen Flugrouten eingehalten werden. Heute schon wer-den in Windrädern mittels Bat Recorder und Abschaltalgorithmen die Betriebszeiten so gere-gelt, dass selten Fledermäuse zu Schaden kommen und der Fledermausbestand nicht gefähr-den wird. Dem Straßenverkehr fallen übrigens mehr dieser Tiere zum Opfer. Für die Vögel wird noch das Schlagopferrisiko durch „Kartierung“ genannte Beobachtungen begutachtet. Kamera-basierte Vogelerkennungssysteme werden bald auch hier eine Erfassung ermöglichen. Wichtig: In Bayern nimmt die Zahl der Vögel windkraftsensibler Arten wie die des Rotmilans, Schwarz-storchs oder Wespenbussards nicht ab sondern zu!
Für die Windräder an Waldstandorten werden meistens auch Bäume gefällt. Ausnahmen sind schon bestehende Lichtungen. Vermehrt stehen ja bedauerlicherweise auch Flächen zur Verfü-gung, auf denen in Folge der Erdaufheizung und des hierdurch begünstigten Borkenkäferbefalls Bäume gefällt werden mussten. So wurden in den drei Extremwetterjahren 2018 – 2020 rund 285.000 Hektar Wald in Deutschland zerstört. Der forstwirtschaftliche Schaden wird auf 12,7 Mrd. € geschätzt. So viel verdienen sonst die Forstbetriebe in zehn Jahren. [Möhring et. al 2021]
Eine andere Überlegung: Wollte man so viel Strom in einem Biomassekraftwerk erzeugen, wie eine moderne Windkraftanlage im Jahr liefert, müsste man dafür über 10.000 große Fichten verbrennen (Das Biomassekraftwerk liefert jedoch zusätzlich noch Wärme).
Flächenverbrauch
Windräder sind hoch – Fläche brauchen sie nur wenig. Für ein neues Windrad müssen je nach Anlagentyp bis 500 Quadratmeter für das Fundament versiegelt werden. Dazu kommt noch eine kleine geschotterte Betriebsfläche als Parkplatz für Wartungsfahrzeuge sowie eine für grö-ßere Reparaturen erforderliche Schotter- oder Wiesenfläche zum Aufstellen eines Krans.
Auch kann es notwendig sein, Forstwege gerade in den Kurven zu erweitern, um die langen Flügel antransportieren zu können. Der hierfür erforderliche Holzeinschlag wird in die übliche Jahreseinschlagsplanung einbezogen – erfolgt also nicht zusätzlich.
Fazit
Wir UmweltschützerInnen fordern für Atomausstieg und Klimaschutz die Energiewende nach 3 x E: Einsparen, Effizienz und Erneuerbare Energien. Windräder sind neben der Photovoltaik jetzt die preiswerteste Stromquelle und liefern in Bayern die Kilowattstunde aus neuen großen Anlagen für rund 5 ct/kWh. Wenn Windkraftanlagen gut geplant werden, bewirken sie auch nur geringe Eingriffe in die Natur. Allerdings sind moderne Anlagen hoch und verändern das Land-schaftsbild. Sie können uns jedoch helfen, ab etwa dem Jahr 2030 hundert Prozent unseres verbrauchten Stroms klimaneutral zu erzeugen. Auch für die Verkehrswende nach 3 x V (Ver-meiden, Verlagern und Verbessern), in der die Elektrifizierung eine wichtige Rolle spielt, kön-nen PV und Windkraft ausreichend Strom liefern. Ein modernes Windrad kann in Bayern etwa 5000 E-Autos versorgen. Ähnliches gilt für die Wärmewende mit E-Wärmepumpen und die kli-maunschädliche industrielle Stoffproduktion von Ammoniak, Chlor, Stahl, Zement ….
Hinweis auf Doppelrolle: R. Kamm ist auch Vorsitzender des Landesverbands Erneuerbare Energie Bayern Fehlerhinweise oder Verbesserungsvorschläge bitte an: r.Kamm@anti-akw.de Danke!