Stromverluste durch Abregeln von EEG-Anlagen?
Erstellt: 22.7.14 / Stand: 6. August 2018
Stromverluste durch Abregeln von EEG-Anlagen?
0,7 % unseres Windstroms gingen 2012 verloren – 2017 gar 5 % – nicht in Bayern
„Ständig sehe ich Windräder, die nicht laufen. Haben wir zu viele? Lohnen neue Windräder gar nicht, so lange wir die Stromleitungen und die Speicher nicht ausgebaut haben? Werden die Anlagen schikanös immer wieder abgeregelt?“. Nein!
Ausgefallene Arbeit infolge Einspeisemanagement durch Abregeln von EEG-Anlagen in GWh (Millionen kWh) nach § 14 EEG (auch KWK-Anlagen)
Bundesnetzagentur: Berichte zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen *Rückgang in 2016, da es ein unter-durchschnittliches Windjahr war und eine Hälfte der Thüringer Strombrücke in Betrieb genommen worden ist
Im Jahr 2017 wurden von den Windkraftanlagen (WKA) in Deutschland 106.600 GWh Strom geliefert. Über 5 % gingen durch Abregeln infolge Netzengpässen verloren. Im Jahr 2017 wurden von den PV-Anlagen in Deutschland 39.900 GWh Strom geliefert. Also 0,4 % verlo-ren wir durch Abregeln infolge Netzengpässen. Zum Vergleich: Beim AKW Gundremmingen verliert man fast 5 Prozent des erzeugten Stroms durch Eigenverbrauch für Pumpen etc. Al-lerdings werden in manchen Kreisen Schleswig-Holsteins über 50 % der Windstromprodukti-on durch Abregeln vergeudet. Die Abregelungen geschehen überwiegend im Verteilnetz (20 + 110 kV) aber auf Veranlassung des Übertragungsnetzes (380 kV). Denn viele Tage wird in SH mehr Strom erzeugt als verbraucht und kann wegen fehlender Überlandleitungen nicht zu den west- und süddeutschen Verbrauchern transportiert werden.
Warum stehen denn Windräder still?
1. Hauptsächlich, wenn zu wenig Wind weht. Bei Windparks sieht man manchmal, dass einige Räder sich drehen und andere stehen. Das ist bei Windstärken um die Anlaufge-schwindigkeit der Fall. Je nach Type laufen die WEA ab einer Windgeschwindigkeit von 3 m/sec (11 km/h) an. Und ab etwa 3,5 oder 4 m/sec fangen sie an Strom zu produzieren. Bei schwachem Wind drehen dann schon einige Windräder quasi im Leerlauf. Bei einem Wind-park natürlich zuerst diejenigen, die vorne im Wind stehen. Später dann die im Windschat-ten liegenden. Übrigens: Im Windpark Zöschingen im Landkreis Dillingen, für den auch un-sere Bürgerinitiative gestritten hat, wurde im ersten Betriebsjahr an jedem Tag wenigstens etwas Strom produziert und ins Netz gespeist.
2. Störungen oder Kundendienst. Wenn gut Wind weht und dennoch eine WKA steht, sieht man meistens einen großen weißen Lieferwagen unter der Anlage parken: der Kunden-dienst. Die meisten neuen WKA werden mit Wartungsverträgen verkauft, die eine technische Verfügbarkeit von über 97 % garantieren. Einige ältere Anlagen erreichen nicht diese Zuver-lässigkeit. Im Zöschinger Windpark lag im ersten Betriebsjahr die technische Verfügbarkeit jedoch bei 99 %. Allerdings soll es auch schwarze Schafe in der Branche geben, die nicht auf vorbeugende Wartung und schnelle Reparaturen achten.
3. In Süddeutschland werden fast nie WKA abgeregelt. Solange noch fossile und nukleare Kraftwerke laufen, gibt es im Prinzip keinen Stromüberschuss. Engpässe kann es im Stromnetz geben. Aber kaum innerhalb von Baden-Württemberg und Bayern. Jedoch auf den Verbindungen zwischen Nord- und Ostdeutschland einerseits und Süddeutschland and-rerseits. Im Süden selbst sind erst so wenige Windräder installiert, dass es außer bei Lei-tungsstörungen fast nie zu Netzengpässen kommt. Da kann noch ein Vielfaches zugebaut werden. Hinzu kommt, dass Solar- und Windräder sich auch bei der Nutzung der Stromlei-tungen in der Regel gut ergänzen. Bei „gutem“ Wetter erzeugen die PV-Anlagen viel und die WKA wenig Strom. Bei „schlechtem“ Wetter ist es andersherum.
Zu lange Abschaltungen: In den letzten Jahren wurden in Bayern einige WKA nur mit der Auflage genehmigt, dass diese zum Schutz von Fledermäusen bei unter 6 m/s Wind, über 8 °C und keinem Regen in einigen Jahresmonaten von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang abgeschaltet werden müssen. 3 Stunden vor Sonnenuntergang sind natur-schutzfachlich kaum begründet und wohl eher Schikane. Zunehmend werden auch Windrä-der wegen negativer Strompreise abgeregelt. Dies wird weniger werden, wenn die AKW und immer mehr Kohlekraftwerke aus dem Markt verschwinden.
Biogasanlagen können und sollen nachgerüstet und umgestellt werden. Bisher laufen sie 24 Stunden am Tag. Also auch, wenn bereits die PV-Anlagen regional allen Strom liefern. Zukünftig werden sie mit Gasspeichern und mehr Motorkapazität nachgerüstet, so dass sie dann viel Strom produzieren können, wenn die wetterabhängigen Solar-, Wasser- und Wind-anlagen wenig bringen. Fachleute sagen: Biogasanlagen kommen aus der Grundlast und ge-hen in die Residuallast (Restlast). Motto eines Biogasers: Vom 24 Stunden Arbeitstag zu zwei Vierstunden-Schichten.
Gute Aussichten auf 100 % EE
Mit überfälligen Verbesserungen beim Energiesparen und der Energieeffizienz sowie wieder schnellem Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE) können wir zügig Atom- und Kohlestrom erübrigen. Heute stammen schon 40 % unseres Nettostromverbrauchs aus EE-Kraftwerken.Die zukunftsfähige Stromversorgung baut auf Dreierlei auf: 1. Mix aus EE-Kraftwerken, von denen viele kostenlosen Treibstoff (Sonne, Wasser, Wind) nutzen, 2. Lastmanagement (Steuerung flexibler Stromverbraucher wie Kühlhäuser, Metallschmelzen, Futtermühlen …) nach dem Angebot von Strom aus Erneuerbaren Energien; sowie 3. Netzumbau + Spei-cherbau (Pumpspeicher-KW, lokale Akkus, power to gas, …).
Dazu wird unser Stromnetz umgebaut. Bisher ist es auf eine Verteilung des Stroms aus zentralen Großkraftwerken zugeschnitten. Zukünftig muss es den überwiegend auf dem Lande gewinnbaren Strom aus Biomasse, Licht, Wasser und Wind sammeln. Aus den Vertei-lernetzen werden Sammel- und Verteilnetze. Da diese Stromgewinnung wetterabhängig ist, braucht sie aber auch den großräumigen Verbund.
Für den Umbau steht genügend Geld aus den in den Netzentgelten einkalkulierten laufenden Abschreibungen sowie aus den durch unterlassene Reinvestitionen angesparten Milliarden zur Verfügung. Auch Investitionskredite sind sinnvoll und günstig.
Wir können uns in einer Generation annähernd zu 100 Prozent mit EE versorgen. Und das preiswert! Dann haben wir eine zukunftsfähige Stromversorgung, um die uns die Länder mit den übergroßen Folgekosten für den Abriss der Atomanlagen wie die Lagerung des Atom-mülls beneiden werden. Und sie wird preiswerter sein als die aus den Kraftwerken, die mit den endlichen und deswegen teurer werdenden Stoffen Erdgas, Kohle, Erdöl und Uran arbei-ten. Berechnet man die Kosten für Umweltschäden wie Unfallfolgen ein, ist heute schon der Strom aus Sonne und Wind mit Abstand der preiswerteste.
Hinweis auf Doppelrolle: R. Kamm ist auch Vorsitzender des BWE (Bundesverband WindEnergie) Bayern
Fehlerhinweise oder Verbesserungsvorschläge bitte an: r.Kamm@anti-akw.de Danke!