Zwischenfall im AKW Gundremmingen: Die Nachbarn haben Anspruch auf die ganze Wahrheit!
Bisher hat das AKW Gundremmingen nur eingestanden, dass am 27.2. beim Wiederanfahren von Block B in Deutschlands größtem AKW ein Ventil nicht geschlossen werden konnte. Aber so können wir Bürgerinnen und Bürger nicht einschätzen, was wirklich in dem AKW passiert ist und ob wir gefährdet waren. Nachbarn eines AKW sind, da radioaktive Wolken weit wehen können, auch noch die Menschen in 100 oder 200 und mehr Kilometern Entfernung.
Was ist passiert?
Das AKW muss erklären, welche Aufgabe dieses Ventil in dem AKW hat? Welche Stoffe durch das Ventil wohin strömen? Und was die Ursache des Versagens war.
Vermutlich öffnet im Notfall das Ventil Verbindungen vom Hauptkreislauf in die Kondensationskammer. Im Hauptkreislauf wird der im Siedewasserreaktor erzeugte Dampf zur Turbine geleitet und nach der Turbine das aus dem entspannten Dampf kondensierte Wasser wieder zurück in den Reaktor gepresst. Wenn vor der Turbine der Druck zu groß wird, wird über Ventile Dampf in die Kondensationskammer abgeblasen. Damit ist das Ventil sicherheitstechnisch wichtig. Wenn allerdings das Ventil nicht wieder geschlossen werden kann, droht das Gegenteil. Der Hauptkreislauf und somit der Reaktordruckbehälter sind geöffnet. Druck und Wasserstand sinken. Die Kühlung der Spaltelemente ist gefährdet. Dann droht ein Großunfall. Ähnlich wie bei einem Auto, bei dem die Bremse erst zupacken aber dann auch wieder öffnen muss, ist die Funktion so eines Sicherheitsventils sowohl beim Öffnen wie beim Schließen von hoher sicherheitstechnischer Bedeutung!
Eigentlich wäre das AKW Gundremmingen schon stillgelegt
Der Block B wurde wie Block C 1984 in Betrieb genommen und war nach 19 Jahren abgeschrieben. Entsprechend der Vereinbarung, die am 14. Juni 2000 zwischen der rotgrünen Bundesregierung und den Atomkonzernen RWE und Eon unterzeichnet wurde, sollte das AKW nach 32 Betriebsjahren beziehungsweise nach Produktion der Strommenge, die in 32 Jahren üblich ist, abgeschaltet werden. Das AKW, das mit den letzten Siedewasserreaktoren Deutschlands arbeitet und deswegen als das gefährlichste AKW des Landes gilt, kann jetzt nur noch betrieben werden, weil Strommengen von anderen deutschen AKW nach Gundremmingen übertragen worden sind. Pervers!
Für die Stromversorgung ist das AKW sogar überflüssig, da Deutschland viele Bioenergie- und Wasserkraft- sowie immer mehr PV- und Windkraftanlagen hat. Und für den Übergang in Irsching an der Donau rd. 1800 Megawatt Gaskraftwerkskapazität brach liegen. Jeder Block in Gundremmingen liefert, wenn er funktioniert, knapp 1300 MW. Zudem erzielt Deutschland Stromexportüberschussrekorde. Im Jahr 2016 rund 50 Milliarden Kilowattstunden; das AKW Gundremmingen liefert rd. 20 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr.
Raimund Kamm