Mit Erneuerbaren Energien (EE) streben wir 100 % an

1. Wind- und Sonnenkraft müssen viele Widerstände überwinden

Im Juni 1993 unkten die deutschen Stromkonzerne mit Anzeigen in den Zeitungen: „Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4 % unseres Strombedarfs decken.“

Politiker, die den Erneuerbaren Energien nur 4 % zugetraut haben, haben sich auch kaum für die Erneuerbaren eingesetzt. Im Jahr 1996 nannte der damals sogenannte Zukunftsminister Jürgen Rüttgers das Gerede der Opposition vom Solarzeitalter „Wahnsinn“. Das von der SPD geforderte 100.000 Dächer-Programm bezeichnete er als „Kriegserklärung an die Vernunft“.

Und dennoch: Im Jahr 2016 decken wir schon 35 % unseres Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien. Etwa 1,7 Millionen EE-Anlagen arbeiten in Deutschland. Unsere Erfolge in Zahlen:

EE-Strom Entwicklung vom Jahr 2000 bis 2015 und 2020

Der Bundesverband Erneuerbare Energien BEE prognostizierte für 2020 schon 47 % EE-Strom

  Einheit 2000 2005 2010 2013 2015 2016 2017* BEE 2020b
Bruttostrom-V. TWh 580 614 615 605 595 593 595
Nettostrom-V. TWh 501 534 541 536 525 525 ???
Wasserstrom-P. TWh 25 20 21 23 19 22 32
Windkraft-L. GW 6 18 27 34 45 50 52,8 55
Windstrom-P. TWh 10 27 38 52 79d 80d 149
Bioenergie-L. 6 8c 8
Bioen.-strom-P.a TWh 2 11 30 47 49 52 54
Fotovoltaik-L. GW 0,1 2 17 36 40 41 42 39,5
Fotovoltaik-P. TWh 0,06 1 12 31 39 38 39,5
Σ  EE-Strom   37 59 101 154 187 191 278

(1.000 kW = 1 Megawatt; 1.000 MW = 1 Gigawatt; 1.000 GW = 1 Terawatt. 1.000 kWh = 1 MWh; 1.000 MWh = 1. GWh; 1.000 GWh = 1 TWh. Oder: 1 Milliarde kWh = 1 TWh)  Quelle AGEB  a) incl. biogene Müllverbrennung  b) „Stromversorgung 2020“ c) 7000 MW Biomasse  1000 MW Abfall, Klär- + Deponiegas  d) Windenergie Report Deutschland 2016 *30.6.17

 

  1. Windkraft als Boomer und Billigmacher

Im Mix der gut ausbaufähigen Erneuerbaren Energien ist die Windenergienutzung an Land die kostengünstigste Stromerzeugung. Sie liefert den Strom für 5 – 9 ct/kWh.

Landwindkraft. Vor allem bei den Nachzüglern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen können noch tausende Standorte genutzt werden.

Mit Zubau und Ersatz alter Anlagen kann die Branche die Leistung bis 2020 auf 60 – 80 GW steigern. Die produzierten Kilowattstunden werden im selben Zeitraum dank höherer Türme noch stärker steigen.

Seewindkraft. Seit 2010 werden Windkraftanlagen vor Deutschlands Küste gebaut. Dort sollten im Jahr 2020 tausende Anlagen arbeiten. Allerdings können hier noch unbekannte Naturschäden und Technikprobleme auftauchen. Und der Strom war teuer: In den ersten acht Jahren 19 Cent je kWh statt 9 ct/kWh für Land-WKA. Offshore ist noch Teuermacher. Große Kostensenkungen sind jedoch versprochen und im Jahr 2017 bei Ausschreibungen sichtbar geworden.


  1. Photovoltaik (PV)

Die Sonne strahlt im Jahresschnitt 1000 Kilowattstunden auf jeden Quadratmeter in Deutschland. PV-Anlagen können hieraus über 150 kWh Strom pro qm und Jahr erzeugen. Immer bessere Technik macht diese Produktion günstiger. Die Anlagenpreise sanken in den letzten Jahren um zwei Drittel! Von 5.000 € je kW in 2006 auf 1.500 € im Frühjahr 17. Im Febr. Derzeit wird für neu ans Netz gehende Anlagen 20 Jahre lang gezahlt: kleine Dachanlagen: 12,3 ct/kWh; große Anlagen: 8,5 ct/kWh.

Fachleute sagen, dass bisher erst 25 % unserer nutzbaren Dächer mit PV-Anlagen bestückt seien. Dass PV schon so billig sei, dass neben den Süddächern auch die Ost-, die West und sogar die Nord­dächer genutzt würden. Ebenso Gebäudefassaden. Dass wir weg kommen von aufgesetzten Anlagen. Zukünftig werde die PV in die Gebäudehülle integriert (BIPV, building integrated PV).

Jetzt, wo PV-Anlagen noch kostspielig sind, sei es sinnvoll, die teuren Module auch auf Freiflächen zu installieren. Dort können sie optimal zur Sonne ausgerichtet werden und so viel Strom ernten: Pro Hektar Fläche schon 1.000.000 Kilowattstunden je Jahr. Und höchstens auf 1 % unserer Landwirtschaftsflächen. Wenn diese PV-Anlagen dann in 30 – 40 Jahren abgenutzt sind und wieder abgebaut werden, bräuchte man die Felder nicht mehr, da dann unsere Dächer und Fassaden genug Solarstrom produzierten.

Ein Acker mit PV erzeugt auch etwa 30-Mal (!) mehr Strom als derselbe Acker über Mais und Biogasanlage.

Bei PV-Äckern werden zudem anders als bei Maisäckern der Boden und das Grundwasser geschont. Lebensraum für Hasen, Schafe, Hühner und neuerdings gar Kühe bleibt.

 

  1. Bioenergie (Biogas, Biomasse, Deponie- und Klärgas sowie biogener Abfall)

Biogas und Biomasse haben seit dem Jahr 2000 einen großen Zuwachs an EE-Strom geliefert. Viel mehr Äcker sollten wir jedoch nicht mit Mais belegen. Fortschritte wird es bei den Wirkungsgraden und der Wärmenutzung der BHKW sowie bei der Pflanzenvielfalt geben. Viele kleine Anlagen für die Gülleverwertung sind noch wünschenswert. Auch Holzfelder mit z.B. Pappeln und Energiewälder sind aussichtsreich. Bioenergie erlaubt eine Stromproduktion nach Bedarf – für die Grundlast ist sie zu teuer.

 

  1. Wasserkraft

Der Bundesverband Erneuerbarer Energie (BEE) will die Wasserkraftkapazitäten in Deutschland noch stark ausbauen. Die Naturschützer hingegen lehnen grundsätzlich in den Flüssen den Bau weiterer Wasserkraftwerke ab. Zu viele Arten von Fischen wie auch wenig bekannter Kleinlebewesen sind bei uns ausgestorben, weil durch Begradigung, Kanalisierung und Aufstauung ihre Lebensräume zerstört wurden. 90 Prozent aller Flussfischarten und sogar 100 Prozent aller Kieslaicher stehen auf der Roten Liste. In Stauseen sterben sie aus.

Aber wir werden in unserem Land, vielleicht auch in norwegischen Fjorden, noch große Pumpspeicherkraftwerke benötigen. Denn Solar- und Windstrom sind wechselhaft.

 

  1. Zukunft

Das Umweltbundesamt stellte im August 2007 dar, wie wir schnell und sogar profitabel 110 TWh sparen können. Wenn wir endlich diese Möglichkeiten nutzen, können wir ab etwa 2030 unseren Strom zu bald 100 % aus Erneuerbaren Energien erzeugen. Klasse! Um zügig die Atom- und Klimagefahren zu verringern, brauchen wir noch einige Jahre einen jährlichen Zubau von über 10 GW PV-Leistung. 7 – 8 GW haben wir jeweils in den Jahren 2010, 2011 und 2012 bereits zugebaut. Und wir brauchen noch einige Jahre einen jährlichen Zubau von gut 8 GW Windkraftleistung. In den Jahren 2014, 2015 und 2016 haben wir jeweils gut 5 GW zugebaut. Vielleicht werden wir zukünftig auch mal die Geothermie nutzen.

Leitziel 2020: Je Einwohner gut 1 kW PV und fast 1 kW Wind

Leitziel 2030: Je Einwohner gut 2 kW PV und 1,5 kW Windkraft

 

Für Verbesserungsvorschläge und begründete Meinungsbeiträge bin ich dankbar. Kamm@gmx.de